Informationen über Aussage gegen Aussage

Im Sexualstrafrecht kommt es häufig zu Konstellationen, in denen die Beweislage auf einer einzigen Aussage beruht – der des mutmaßlichen Opfers gegen die des Beschuldigten. Diese Situation wird als Aussage-gegen-Aussage-Konstellation bezeichnet und stellt Justiz, Verteidigung und Anklage vor besondere Herausforderungen.

Beweislast und Unschuldsvermutung

Grundsätzlich gilt im Strafrecht die Unschuldsvermutung: Niemand darf verurteilt werden, solange nicht seine Schuld zweifelsfrei nachgewiesen ist („in dubio pro reo“ – im Zweifel für den Angeklagten). Da Sexualdelikte oft ohne Zeugen oder objektive Beweise geschehen, stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen eine einzelne Aussage als ausreichend für eine Verurteilung angesehen werden kann.

Glaubhaftigkeitsprüfung

Um eine Entscheidung zu treffen, wird die Aussage des mutmaßlichen Opfers vom Gericht einer detaillierten Glaubhaftigkeitsanalyse unterzogen. Dazu werden unter anderem folgende Aspekte betrachtet:

  • Kohärenz: Ist die Aussage in sich schlüssig und detailreich?
  • Konstanz: Weicht die Schilderung im Laufe der Ermittlungen stark ab?
  • Spontanität: Wurde die Aussage frühzeitig und aus eigenem Antrieb gemacht?
  • Belastungstendenzen: Gibt es erkennbares Motiv für eine Falschbeschuldigung?
  • Erlebnisbasiertheit: Zeigt die Schilderung typische Merkmale realer Erlebnisse?
Zur Unterstützung der Beurteilung werden oft Aussagepsychologen hinzugezogen, die die Aussage des mutmaßlichen Opfers auf ihre Glaubhaftigkeit hin untersuchen.

Besonderheiten des Sexualstrafrechts

Eine Verurteilung ist bereits möglich, wenn nachgewiesen werden kann, dass ein sexueller Übergriff ohne Einwilligung stattgefunden hat – auch ohne körperliche Gewaltanwendung. Dies hat die Bedeutung von Aussagen in solchen Verfahren weiter erhöht. Außerdem ist seit #metoo gesellschaftlicher Konsens, möglichen Opfern von Sexualstraftaten zu glauben.

Gefahr von Fehlurteilen

Da Aussage-gegen-Aussage-Fälle oft ohne objektive Beweise entschieden werden, besteht das Risiko von Fehlurteilen – sowohl in Richtung falscher Verurteilungen als auch fälschlicher Freisprüche. Während Opferverbände oft beklagen, dass Täter zu selten verurteilt werden, weisen Verteidiger darauf hin, dass es auch zu ungerechtfertigten Verurteilungen kommen kann, wenn Zweifel an der Aussage nicht ausreichend berücksichtigt werden. Deshalb ist ein spezialisierter Anwalt hier so wichtig wie nirgends sonst! Die Beweislage in Sexualstrafverfahren ist oft schwierig. Eine Verurteilung aufgrund einer einzigen Aussage ist möglich. Das Gericht steht hier vor der Herausforderung, einerseits Opfern Gerechtigkeit zu verschaffen, andererseits aber die Rechte der Beschuldigten zu wahren und Fehlurteile zu vermeiden.